Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen (DFG-VK), 12. Oktober 2023
Der DFG-VK Bundesverband verurteilt aufs Schärfste die Gewalteskalation in Nahost durch den Angriff der Hamas und den Gegenangriff durch das israelische Militär. Bereits über 1.000 Tote binnen weniger Tage auf beiden Seiten sind das bisherige Resultat dieser kriegerischen Auseinandersetzung.
Für diesen Angriff der Hamas gibt es keine Rechtfertigung oder Entschuldigung. Weder die ständigen Einschränkungen der Rechte der Palästinenserinnen durch Besatzung noch Siedlungsbau jenseits der grünen Linie oder die sehr schwierigen Lebensbedingungen in Gaza und der Westbank. Bomben und Raketen auf Städte, ein Angriff auf ein friedliches Musikfest, bei dem Feiernde getötet oder verschleppt wurden, sind ein Verbrechen. In der israelischen Zivilgesellschaft gibt es auch Militärdienstverweigernde, die aus Protest gegen die Unterdrückung der palästinensischen Menschen ihren Reservistenstatus aufkündigten. Massenproteste gegen die Netanjahu-Regierung gab es in den letzten Monaten nicht nur wegen deren Plänen, die Rechtsstaatlichkeit stückchenweise abzubauen. Für diese Protestbewegung in Israel bedeutet der Angriff und der nun ausgerufene Kriegszustand die deutliche Einschränkung ihrer Handlungsmöglichkeiten. Der DFG-VK Bundesverband verlangt die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Geiseln. Geiselnahme ist ein Kriegsverbrechen. Die Gewaltspirale muss sofort gestoppt werden. Die Drohung des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, alle Orte in Schutt und Asche zu legen, von denen er annimmt, dass sich dort die Hamas versteckt, ist ebenso unerträglich wie die Eskalationsdrohungen und die Angriffe der Hisbollah aus dem Libanon und weitere Angriffe aus Syrien. Keiner der Toten wird durch Vergeltung wieder lebendig.
Als politische Pazifistinnen lehnen wir die Gewalteskalation nicht nur aus moralischen Gründen ab, sondern sehen einmal mehr, dass sie das vermeintlich verfolgte politische Ziel konterkariert. Der Angriff der Hamas wird die Lage der Palästinenserinnen ebenso wenig verbessern wie der Gegenschlag des israelischen Militärs den Menschen in Israel dauerhaft Sicherheit bringen wird.
Bis auf religiöse und politische Extremistinnen und Waffenhersteller wird es – wie in allen Konflikten – nur Verliererinnen geben. Dabei führt der Konflikt über den Nahen Osten hinaus zu mehr Unfrieden: Menschen jüdischen Glaubens werden – auch in Deutschland – von vielen Seiten zunehmend bedroht und Palästinenserinnen mit legitimen politischen Forderungen drohen pauschal als mit der Hamas sympathisierend diffamiert zu werden. Es hat sich gezeigt, dass Einflussnahme aus der Weltgemeinschaft auch im Nahostkonflikt deeskalierend wirken kann. So beteiligt sich die einst kriegerische Fatah seit Jahren nicht mehr militärisch an dem Konflikt. Unparteiische Vermittlung mit dem Ziel eines dauerhaften Waffenstillstands ist jetzt dringend geboten. Die Lieferung von Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete lehnen wir ab – auch in diesem Konflikt. Die Gewalt in Nahost muss beendet werden. Eine israelische Bodenoffensive in Gaza, die Ausweitung des Konflikts auf den Libanon und auf weitere Teile der Region würde zahlreiche weitere Opfer, vor allem unter der Zivilbevölkerung, zur Folge haben. Die Bundesregierung sollte hier mäßigend eingreifen und diplomatische Initiativen starten.