Rede von Theo Ziegler für das Freiburger Friedensforum am 23.02.24 mit ca. 80 Teilnehmenden.
Wir treffen uns heute anlässlich des anstehenden zweiten Jahrestags des völkerrechtswidrigen russischen Einmarsches in der Ukraine. Allerdings gibt es bereits seit 2014 Krieg in der Ukraine in Folge des Maidan-Umsturzes . Mehr als 13.000 Menschen, davon über 3300 Zivilisten, hatte schon dieser 8-jährige Krieg bis 2022 im Osten der Ukraine das Leben gekostet.
Bis heute sind die Folgen von 10 Jahre Krieg: Hunderttausende von Toten und Verletzten, zerstörte Städte und verminte Landschaften. Er hat Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Der Krieg hat die Ukraine, als eines der ärmsten Ländern Europas, gänzlich ruiniert und vom Westen total abhängig gemacht. Sie hängt am Tropf milliardenschwerer westlicher Unterstützung, sei es für die Kriegsführung, sei es zur Finanzierung der Staatsfinanzen, sei es zu Zahlung der Renten.
Vor 22 Jahren hieß es „Unsere Sicherheit und Freiheit wird am Hindukusch verteidigt“ , so der Ex-Verteidigungsminister Struck im Dezember 2002 . Keiner spricht mehr davon, dass der Westen in Afghanistan über 20 Jahren Krieg mit hunderttausenden Opfern führte, und dann das Land und seine Menschen im August 2021 wie eine heisse Kartoffel fallen gelassen und im Stich gelassen hat. Die Lüge, in der Ukraine müsste die Demokratie und westliche Werte verteidigt werden, feiert ihre mediale Wiederauferstehung.
Die Ukraine ist ein geopolitisches Schlüsselland , das eine Brückenfunktion zwischen Ost und West hätte einnehmen können, wenn die EU-Diplomatie das 2013 unterstützt und nicht hintertrieben hätte. Im Ukraine Krieg geht es vorrangig um Sicherung der westlichen Vorherrschaft und auch um die imperialistische Interessen von Russland. Dieser Konflikt ist zu einen Stellvertreterkrieg zwischen NATO und Russland eskaliert. Der Westen hat auch eine große Mitverantwortung an diesem Krieg. Was würden die USA heute tun, wenn Russland Raketen an den Grenzen der USA aufstellen wollte? Erinnern wir uns: Um eine Stationierung sowjetischer Atomraketen 1962 auf CUBA zu verhindern, waren die USA zu einer Invasion und sogar zu einem Atomkrieg bereit .
Seit 2022 ist die Welt ist völlig aus den Fugen. Medial wird es als „Zeitenwende“ getauft und auch als Verteidigung der westlichen Werte politisch vermarktet. Der Wahnsinn wird jetzt von den Herrschenden zur Normalität erklärt. Es ist wahnsinnig aber egal, dass Kriege die Klimakatastrophe noch deutlich beschleunigen und verschärfen . Es ist wahnsinnig aber egal, dass zusätzlich die Gefahr eines Dritten Weltkriegs oder eines Atomkrieges droht. Und es ist wahnsinnig aber egal, dass Kriege die Hauptursache von globaler Unterernährung und Flucht sind. Das aktuelle Credo in Ost und West lautet, sei es in der Ukraine, sei es im Nahen Osten, sei es im aktuellen Gaza-Krieg: The show must go on. Kriege müssen sein, Kriege sollen geführt und nicht am Verhandlungstisch entschieden werden. Der Wahnsinn hat also Methode.
Deutschland, das zwei Weltkriege mit 74 Millionen Toten zu verantworten hat, mit allein 27 Millionen Opfer in der Sowjetunion, hat die Kriegstüchtigkeit zum neuen Ziel erkoren. Es ist wahnsinnig, dass Deutschland stolz ist, mit mehr als 18 Mrd. Euro der zweitgrößte Kriegsunterstützer (nach den USA) der Ukraine zu sein. Deutschlands Regierung jubiliert endlich mehr als 2 % seines Brutto-Inlands-Produkts fürs Militär auszugeben. Damit nimmt Deutschland den Platz 3 der weltgrößten Militärstaaten ein, nach USA und China und noch vor Russland! Es ist ferner wahnsinnig, dass in diesen Tagen der Spatenstich einer neuen Munitionsfabrik öffentlich mit dem Besuch des Bundeskanzlers gehuldigt und gefeiert wird, während hingegen eine Initiative gegen die Wohnungsnot und ein 50 Mrd. Sonderprogramm zum Bau von mindestens 730.000 Sozialwohnungen ausbleibt.
Es ist Wahnsinn, dass Milliarden rausgeworfen werden um Straßen, Brücken und Zugstrecken für den schnellen Militärtransport Richtung Russland kriegstauglich zu machen, während Milliarden für einen funktionierenden und pünktlichen Bahnverkehr fehlen. Es ist Wahnsinn, dass 2024 die deutschen Militärausgaben auf fast 80 Milliarden hochschnellen und Sektkorken in der Rüstungsindustrie knallen, während 20 % aller Kinder in Deutschland von Armut betroffen sind, tausende Kitaplätze fehlen und eine Kindergrundsicherung auf ein Minimum zusammengestrichen werden.
Im Wettbewerb um den größten Irrsinn überbieten sich CDU und die Ampelparteien geradezu. „Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben“ , fordert der SPD-Vorsitzende Klingbeil, während Stimmen aus der CDU gar ein Sonderprogramm von 300 Mrd. Euro für das Militär wollen. Die jüngste Wahnsinns-Forderung ist eine europäischen Atombewaffnung und einer deutschen Teilhabe daran. Das ist eine klarer Bruch und Absage an den UN-Atomwaffensperrvertrag von 1968 und UN-Atomwaffenverbotsvertrag 2022. Sie machen den Irrsinn dieser Zeitenwende komplett. Diesem Credo stellen wir uns heute mit unserer Veranstaltung entgegen. Es sind schon viel zu viele Menschen in diesem Krieg gestorben oder für ihr ganzes weiteres Leben geschädigt worden.
„So können wir nicht weitermachen“ sagt der grüne Wirtschaftsminister Habeck. Aber er beklagt nur die dramatische Verschlechterung der deutschen Wirtschaftslage in Folge der Kriegsunterstützung und Sanktionen. Dem Herrn kann geholfen werden. Friedenskurs statt Kriegskurs! Es geht auch anders! Frieden ist möglich! Auch für den Ukraine-Krieg. Dazu haben wir Prof. Hajo Funke eingeladen, um den Vorschlag für eine Beendigung des Ukrainekriegs vorzustellen. Die Menschheit hat nur eine Zukunftschance durch Frieden und Abrüstung. Für die Bewältigung der Klima-, Umwelt und Hungerkrise ist eine friedliche Zusammenarbeit auch mit Russland und China unverzichtbar und eine Grundvoraussetzung.
Vielen Dank.