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DFG-VK Landesverband Baden-Württemberg

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Deserteure, Kriegsdienstverweigerung, Ukraine, Russland, Belarus, Asyl

4 Juli, 2025

Das neue LaG-Magazin (Lernen aus der Geschichte) ist da!

Die aktuelle Ausgabe (Juli 2025) des LaG-Magazins widmet sich einem hochaktuellen und zugleich historischen Thema: der Wehrpflicht und ihrer Verweigerung. In mehreren fundierten Beiträgen wird die Entwicklung dieser Praxis beleuchtet, kontrovers diskutiert und in Beziehung zu heutigen politischen Debatten gesetzt. Dabei kommen Historiker*innen, Sozialwissenschaftler*innen und Aktivist*innen zu Wort. Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Artikel:

1. Ursprünge und Entwicklungslinien der Wehrpflicht

Von Ute Frevert
Frevert zeichnet die Entstehung der Wehrpflicht seit dem 19. Jahrhundert nach und stellt fest, dass sie vor allem zur Mobilisierung großer Heere in industriellen Kriegen diente. In demokratischen Staaten wie der Bundesrepublik war sie stets ein ambivalentes Instrument – einerseits staatsbürgerliche Pflicht, andererseits autoritäres Machtmittel.

2. Wehrpflicht im Grundgesetz

Von Rüdiger Wenzke
Der Artikel analysiert die Aufnahme der Wehrpflicht in das Grundgesetz 1949. Wenzke betont, dass dies in einem Spannungsfeld zwischen Sicherheitspolitik, Gesellschaftstrauma und Besatzungsrealität geschah. Der Kalte Krieg beschleunigte ihre praktische Einführung trotz anfänglicher Skepsis.

3. Wehrpflicht in Westdeutschland nach 1945

Von Martin Singe
Singe beleuchtet den Umgang mit Kriegsdienstverweigerung in der frühen Bundesrepublik. Er zeigt, wie restriktiv der Staat reagierte und welche rechtlichen und politischen Kämpfe nötig waren, um die Anerkennung des Gewissensschutzes durchzusetzen.

4. Wehrpflicht in der DDR und totalitäre Erwartungen

Von Guido Grünewald
Grünewald beschreibt die Militarisierung der Gesellschaft in der DDR. Der Beitrag geht auf Zwang, Ideologie und Repression ein – aber auch auf mutige Totalverweigerer, die Haft oder gesellschaftliche Ausgrenzung riskierten.

5. Geschlechterbilder im Kontext von Wehrpflicht

Von Sylka Scholz
Scholz analysiert, wie die Wehrpflicht über Jahrzehnte Männlichkeitsbilder prägte. Frauen blieben außen vor, wodurch sich traditionelle Geschlechterrollen verfestigten. Der Text öffnet eine Diskussion über Gendergerechtigkeit in Militärstrukturen.

6. Transformation und Aussetzung der Wehrpflicht nach 2011

Von Maja Apelt
Apelt stellt dar, wie die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 das Verhältnis zwischen Staat, Bürger*innen und Militär neu definierte. Sie diskutiert Folgen für die Bundeswehr und zivilgesellschaftliche Verantwortung im Sicherheitsdiskurs.

7. „Wenn man was tut, dann muss man’s auch erklären“

Von Henrike Voigtländer und Jan Haverkamp
Ein pädagogisch orientierter Beitrag, der darstellt, wie junge Menschen heute im Bildungsbereich mit Wehrpflicht, Verweigerung und Gewissen konfrontiert werden. Der Artikel bietet auch didaktische Anregungen für Schulen.

8.Unterrichtsmaterialien zum Thema Wehrpflicht

Von Tobias Rischk und Karl-Heinz Lipp
Die Autoren stellen Unterichtsmaterial und ein neues Buch über Kriegsdienstverweigerung und zivile Ungehorsamkeit vor. Es enthält Erfahrungsberichte und zeigt, wie das individuelle Gewissen in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen wirkt.

9. Rezension: Buchempfehlung: „Gegen mein Gewissen„

Von Sabrina Pfefferle
Die abschließende Rezension verknüpft die Themen der Ausgabe mit der aktuellen Debatte um eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht. Sie mahnt zur historischen Reflexion und ruft zu einer differenzierten Diskussion auf.


📄 Das vollständige Magazin als PDF steht hier zum Download bereit:
👉 Wehrpflicht – LaG-Magazin Juli 2025 herunterladen

17 Juni, 2025

Protest gegen den Tag der Veteranen

Friedenspolitischer Aktionstag in Karlsruhe & Protestkundgebung in Mannheim

Am 15. Juni 2025, dem erstmals begangenen Tag der Veteranen, setzte der Landesverband Baden-Württemberg der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) gemeinsam mit zahlreichen Bündnispartner*innen ein deutliches Zeichen gegen die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft.

Friedenspolitischer Aktionstag: Nein zum Veteranentag am 15.06.25 auf dem Schlossplatz in Karlsruhe

Protestkundgebung gegen die Ehrung der Veteranen durch den OB im Zeughaus in Mannheim

Während in Mannheim durch die Stadt Veteranen empfangen und offiziell geehrt wurden, stellten wir uns dieser Form staatlicher Kriegserinnerung mit einer Protestkundgebung und anschließender Demonstration entgegen. In Karlsruhe organisierten wir gemeinsam mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis einen friedenspolitischen Aktionstag, der eine klare antimilitaristische Alternative zur offiziellen Ehrungskultur darstellte.

Karlsruhe: Friedenspolitischer Aktionstag – „Veteranentag? Nein danke!“

Bereits im Vorfeld wurde bekannt, dass der Reservistenverband in Karlsruhe eine Veranstaltung zum Tag der Veteranen plante. Auch wenn unklar blieb, ob dies eine zentrale Landesveranstaltung sein sollte, sah das Vorhaben öffentlichkeitswirksam aus – weshalb wir Karlsruhe als Ort unseres landesweiten Gegenprotests wählten.

Plakat des friedenspolitischen Aktionstag in Karlsruhe

Wir meldeten unseren Aktionstag frühzeitig an, entwickelten ein breites Bündnis und öffentliches Gegenprogramm – und nehmen an, dass aufgrund unseres entschlossenen Protests die geplante Veteranenveranstaltung vollständig abgesagt wurde. Wir sehen das als Erfolg für das Bündnis aus Anti-militarist*innen.

Breites Bündnis, vielfältiger Protest

Gemeinsam mit der DFG-VK Karlsruhe, DFG-VK Stuttgart, der NGG, ver.di, dem DGB Karlsruhe-Stadt und -Land, der Interventionistischen Linken (IL), feministischen Initiativen, antifaschistischen Gruppen und vielen weiteren Organisationen organisierten wir ein kreatives und entschlossenes Programm gegen Krieg und Militarisierung – unter dem Motto:

„Veteranentag? Nein danke!“

Aktionen auf dem Schlossplatz

  • Die Ausstellung „Die Fratze des Krieges“ zeigte eindrücklich gemalte Bilder, die die Grausamkeit des Krieges thematisierten.
  • Zeltlandschaften machten erlebbar, wie sich ein „Kriegs-Land Baden-Württemberg“ von einem möglichen „Friedens-Land“ unterscheiden könnte.
  • Eine feierliche Ordensverleihung würdigte nicht Soldatinnen, sondern **Kriegsdienstverweigerinnen und Kriegsgegner*innen** – ein klares Zeichen gegen Gehorsamskultur.
  • Redebeiträge von u.a. Tobias Pflüger (Informationsstelle Militarisierung – IMI) und Elwis Capece (NGG) unterstrichen die politischen Hintergründe.
  • Die Taurus-Piñata-Aktion mit dem Motto „Bonbons statt Bomben“ parodierte auf kreative Weise die deutsche Aufrüstungspolitik.
  • Der DFG-VK-Friedensbus brachte eine große aufblasbare Friedensfigur mit zerbrochenem Gewehr auf den Schlossplatz – ein unübersehbares Symbol für unsere Forderung: Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit.
Fratze des Krieges
Kriegsdienstverweiger*in – Ordensverleihung
Kriegsländ
Friedensländ
Taunus Piñata
In der Mitte Hauptredner Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarismus in Tübingen

Gute Beteiligung trotz Wetterwarnung

Trotz schlechter Wetterprognosen und eines verkürzten Zeitplans kamen über den Tag verteilt rund 300 Menschen auf den Schlossplatz – um gemeinsam mit uns ein sichtbares Zeichen gegen Militarisierung und Kriegspolitik zu setzen.

Reden, die aufgrund der Wetterwarten nicht gehalten werden konnten zum Nachlesen: GR-Fraktion DIE LINKE Karlsruhe , DGB Karlsruhe-Land

Mannheim: Lauter Widerspruch gegen den Veteranenempfang im Zeughaus

Während in Karlsruhe der Aktionstag lief, organisierte die Stadt Mannheim gemeinsam mit dem Reservistenverband einen offiziellen Empfang für 200 Veteranen im historischen Zeughaus – ehemals Kaserne und Waffenkammer, heute Teil der Reiss-Engelhorn-Museen.

Toulonplatz: Empfang des Mannheimer OB für die Veteranen. Zugang zum Platz wurde uns verboten.

Ein kurzfristig entstandenes Bündnis aus DFG-VK, Interventionistischer Linker (IL), Initiative Soziale Kämpfe (ISK) und Die Linke rief zur Gegenkundgebung mit anschließender Demonstration auf.

Deutlicher Protest – auch bei strömendem Regen

Rund 100 Teilnehmende versammelten sich auf dem Toulonplatz gegenüber dem Zeughaus. In mehreren Redebeiträgen wurde die Militarisierung deutlich kritisiert. Die DFG-VK verlieh auch hier symbolisch Buttons als Kriegsdienstverweigerungs-„Orden“, die auf große Zustimmung stießen.

Ein zentrales Element des Protests war das 22 Meter lange Banner der IL mit der Aufschrift:

„Verweigern. Desertieren. Sabotieren.“

Das Banner wurde vor dem Zeughaus entrollt und später durch die Innenstadt getragen – als unübersehbares Statement gegen die Normalisierung des Kriegs. Es richtete sich klar an die Veranstalter*innen im Inneren des Zeughauses: Nicht alle akzeptieren diesen Kurs – es gibt Widerstand, und er wird lauter.

Trotz eines massiven Wolkenbruchs zog die Demonstration entschlossen durch die Mannheimer Innenstadt – vom Zeughaus über den Marktplatz bis zum Paradeplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand.

Gemeinsames Schlusswort: Unser Widerstand fängt gerade erst an

Der sogenannte Tag der Veteranen ist Teil einer größeren politischen Strategie: Die Gesellschaft soll auf Aufrüstung und Krieg vorbereitet werden – kulturell, psychologisch und strukturell. Der Veteranentag ist dabei nur ein Baustein in einem Mosaik aus Wehrpflichtdebatte, 100-Milliarden-Sondervermögen und medialem Heldendiskurs.

Unsere Proteste in Karlsruhe und Mannheim haben klar gezeigt: Es gibt Widerstand – organisiert, kreativ und entschlossen. Aber wir wissen auch: Das war erst der Anfang.

Als pazifistische und antimilitaristische Organisationen liegt noch viel Arbeit vor uns. Wir müssen der Kriegstreiberei, der Aufrüstung und dem gefährlichen Irrglauben, Konflikte mit Gewalt lösen zu können, klar und offensiv entgegentreten – in Baden-Württemberg, in Deutschland und letztlich weltweit.

Denn wer eine Zukunft will, kann sie nicht auf Gewalt bauen. Unsere Antwort heißt: Abrüstung, Solidarität, Gerechtigkeit und zivile Konfliktlösung.

Und dafür kämpfen wir – gemeinsam. Danke an alle beteiligten Organisationen.

15 Mai, 2025

Der 15.05. ist der Internationale Tag der Kriegsdienstverweigerung

Heute, am Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung, erinnern wir daran: Das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung braucht Schutz, Verteidigung – und politischen Druck.

Was lange als Akt der Solidarität mit mutigen Verweiger*innen in Russland, der Türkei, Israel, der Ukraine oder anderen Ländern der Weltgalt , betrifft uns spätestens seit gestern ganz konkret wieder selbst:

Mit der Ankündigung von Kanzler Merz, Deutschland zur „größten konventionellen Armee Europas“ auszubauen, rückt der Krieg auch für Hunderttausende deutsche Staatsbürger*innen näher.

Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht. Wir kämpfen dafür – für alle.

——————————

EU & Kriegsdienstverweigerung: Internationales Recht vs. Realität

Internationales Recht:

EU-Charta der Grundrechte, Artikel 10(1):
„Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.“

Realität:

„Ich habe mich geweigert, der russischen Armee beizutreten und unschuldige Zivilisten zu töten. Ich hoffte auf Schutz in Europa – aber das war ein Irrtum. Jetzt droht mir die Abschiebung nach Russland und damit der sofortige Fronteinsatz.“
– Kriegsdienstverweigerer aus Russland

Internationales Recht:

EU-Charta der Grundrechte, Artikel 10(2):
„Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wird anerkannt – gemäß den nationalen Gesetzen zur Ausübung dieses Rechts.“

Realität:

„Ich bin seit ein paar Monaten in Frankreich, aber man will mich nach Kroatien zurückschicken – das erste EU-Land, das ich betreten habe. Von dort droht mir die Abschiebung nach Bosnien und dann Russland. Kroatien gewährt russischen Staatsbürgern selten Asyl – das ist lebensgefährlich.“
– Kriegsdienstverweigerer aus Russland

Internationales Recht:

EU-Asylrecht: Flüchtlingsschutz für Personen mit begründeter Furcht vor Verfolgung aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.

Realität:

„Viele Verweigerer leben in Armut oder im Exil. Doch selbst dort stoßen sie auf neue Hürden – viele Länder erkennen Kriegsdienstverweigerung nicht als Asylgrund an.“
– Kriegsdienstverweigerer aus der Türkei

Internationales Recht:

EU-Verordnung 2024/1347:

Verfolgung kann auch eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung sein – etwa, wenn jemand aus moralischen, religiösen oder politischen Gründen den Wehrdienst verweigert.

Realität:

„Viele ukrainische Kriegsdienstverweigerer schweigen aus Angst – ohne rechtlichen Schutzstatus in der EU.“
– Kriegsdienstverweigerer aus der Ukraine

9 Mai, 2025

15. Mai – Internationaler Tag der Kriegsdienstverweigerung: Aktionen in Ba-Wü

Weltweit verweigern mutige Menschen den Kriegsdienst – in Russland, Belarus, der Ukraine, in der Türkei, Südkorea oder Kolumbien. Sie sagen Nein zum Töten, Nein zur Militarisierung. Am 15. Mai – dem Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung – stehen wir an ihrer Seite.

Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht. Gerade jetzt, in Zeiten von Kriegen, Aufrüstung und wiederbelebter Wehrpflichtdebatten, ist es nötiger denn je, für dieses Recht einzutreten – laut, sichtbar und solidarisch. Auch und besonders in diesem Jahr unterstützen wir den Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung. Denn Kriegsdienstverweigerung ist auch in Deutschland wieder ein ganz aktuelles Thema für viele Menschen.

Auch in Baden-Württemberg beteiligen wir uns mit vier öffentlichen Aktionen. Wir laden herzlich zur Teilnahme ein:

·       Mannheim: Infostand am Hauptbahnhof – 15. Mai, ab 15:00 Uhr

·       Karlsruhe: Friedensmahnwache auf dem Marktplatz – 14. Mai, 17:00 Uhr

·       Stuttgart: Kundgebung in der Dorotheenstraße, Ecke Gördelerstraße (Nähe Hotel Silber) – 15. Mai, 18:00 Uhr: An diesen Platz sollte laut Beschluss der Stadt seit 2023 das Deserteurdenkmal stehen. Redner*innen dieses Jahr: Johanna Tiarks, Stadträtin Die Linke SÖS Plus zur Umsetzung des Denkmals und Susanne Bödecker DFG-VK, zum aktuellen Stand der Kriegsdienstverweigerung in Deutschland, außerdem werden wir wieder kurze Stellungnahmen von internationalen Kriegsdienstverweigerer*innen vorbereiten.

·       Aalen: Mahnwache zur Kriegsdienstverweigerung am Marktbrunnen – 14. Mai, 17:00 Uhr

Diese Aktionen sind Teil der internationalen Kampagnen #ObjectWarCampaign und #RefuseWar. Wir fordern Schutz und Asyl für alle, die sich dem Krieg entziehen – in allen Ländern. Und wir wenden uns entschieden gegen jede Form der Wehr- oder Dienstpflicht. Statt Zwang braucht es eine Politik des Friedens, der Gerechtigkeit und der Menschenrechte.

Viele von euch setzen sich seit Langem für dieses Anliegen ein. Gerade deshalb möchten wir euch ermutigen, auch in diesem Jahr wieder mit dabei zu sein – sei es durch Teilnahme, Unterstützung oder eigene Impulse. Weitere Informationen findet ihr auch hier:

www.refusewar.org

www.objectwarcampaign.org

8 Mai, 2025

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung: Ein Menschenrecht – aber nicht für alle?

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung hat eine lange und bewegte Geschichte. Bereits im 16. Jahrhundert verweigerten die täuferischen Mennoniten in Mitteleuropa den Kriegsdienst aus religiösen Gründen. Auch die Quäker, die sich ab etwa 1650 in England organisierten, bekannten sich früh zu radikalem Pazifismus. Ihre Haltung gegen jede Form von Gewalt und Krieg brachte sie in direkte Konfrontation mit staatlichen Autoritäten – oft mit der Folge von Bestrafung, Verfolgung, Gefängnis oder Exil. Diese frühen Verweiger*innen standen am Anfang einer Bewegung, die ein grundlegendes Recht einforderte: das Recht, Nein zum Krieg zu sagen – aus Überzeugung, aus Glauben, aus Gewissen.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Art. 18) und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ebenfalls Art. 18) garantieren diese Grundfreiheiten. Das UN-Menschenrechtskomitee hat bereits 1987 anerkannt, dass daraus auch das Recht auf Kriegsdienstverweigerung folgt. Dennoch ist dieses Recht bis heute nicht explizit in der Charta der Vereinten Nationen kodifiziert – ein Umstand, der weltweit willkürliche Auslegung und massive Menschenrechtsverletzungen ermöglicht.

Denn was ist ein Menschenrecht wert, das man in vielen Staaten vor Gericht erkämpfen muss? Wer aus Gewissensgründen den Dienst an der Waffe verweigert, riskiert in vielen Ländern Verfolgung, Haft oder Ausbürgerung. Auch in Deutschland, wo das Grundgesetz in Artikel 4 Absatz 3 das Recht auf Kriegsdienstverweigerung schützt, wird die Vollverweigerung – also die Ablehnung jeglicher Pflichtdienste, auch ziviler Ersatzdienste – nicht anerkannt. Ein echtes Menschenrecht lässt sich aber nicht in „zumutbare Formen“ pressen.

Wir fordern daher uneingeschränkt: Das Recht, keinen Dienst – weder mit noch ohne Waffe – zu leisten, muss vollständig gewährt werden.

Dieses Menschenrecht endet auch nicht an nationalen Grenzen. Menschen, die in ihren Herkunftsländern nicht verweigern dürfen, brauchen Schutz. In Deutschland jedoch werden nach wie vor Asylanträge von Kriegsdienstverweigerern aus Ländern wie Russland und der Ukraine abgelehnt – oft mit zynischen Begründungen.

Ein Beispiel: Ein ukrainischer Verweigerer, dessen Asylantrag laut Connection e.V. abgewiesen wurde, hatte sich geweigert, an einem Krieg teilzunehmen, den er nicht mittragen konnte. Die Möglichkeit eines zivilen Ersatzdienstes existiert in der Ukraine faktisch nicht, doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ignorierte diese Realität. Auch russischen Verweigerern wird regelmäßig unterstellt, sie könnten intern „versetzt“ werden – eine gefährliche Illusion angesichts eines autoritären Systems mit brutaler Militärpraxis.


Deshalb sagen wir zum Internationalen Tag der Kriegsdienstverweigerung unmissverständlich: Wer sich weigert zu töten, muss Asyl bekommen.

Ein Blick nach Israel zeigt, wie tief verankert der Widerstand gegen dieses Menschenrecht auch in demokratischen Staaten sein kann. In Israel besteht eine allgemeine Wehrpflicht für Männer und Frauen. Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen ist theoretisch möglich – in der Praxis aber hochgradig restriktiv.


Die Entscheidung trifft ein militärisches Gremium, dessen Ablehnungsquote hoch ist. Wer verweigert, wird häufig öffentlich diffamiert, unter Druck gesetzt oder mehrfach inhaftiert. Besonders junge Frauen, die sich dem Militärdienst verweigern – wie in jüngster Zeit Mitglieder der „Mesarvot“-Bewegung –, berichten laut Connection e.V. von Repression, öffentlicher Ausgrenzung und militärischer Haft. Der zivile Ersatzdienst steht nur religiös begründeten Verweigerungen offen, nicht aber politischen oder pazifistischen. Das ist eine klare Verletzung internationaler Standards.

Ein Menschenrecht, das der Staat erst „genehmigen“ muss, ist kein Menschenrecht.

Wer sich heute weltweit für die Anerkennung der Kriegsdienstverweigerung einsetzt, kämpft nicht für Privilegien, sondern für Gewissensfreiheit – gegen Gewalt, gegen Militarismus, gegen Zwang. Und wer dieses Menschenrecht ernst nimmt, muss auch seine praktische Umsetzung fordern: bedingungslos, international, solidarisch.

5 Mai, 2025

SAFE THE DATE: VERWEIGERT!

Kongress gegen einen neuen Wehrdienst. Für die Verweigerung aller Kriegsdienste

„Neuer Wehrdienst“? Nein danke.

Was die Regierung da plant, ist kein Fortschritt – es ist ein Rückschritt in die Logik von Zwang, Gewalt und Gehorsam.

Verweigern ist Engagement für die Gesellschaft.

Verweigern ist Mut. Verantwortung. Friedensarbeit.

Beim KDV-Kongress 2025 in Kassel vernetzen wir uns, teilen Wissen über Kriegsdienstverweigerung und bilden neue Berater*innen aus – denn Aufklärung braucht Menschen, die Haltung zeigen.

Safe the date: 21.-22.6.2025 

Zwei Tage. Viele Perspektiven und jede Menge Skillshare. Keine Uniform.

Jetzt anmelden: www.kdv-kongress.de

#KDVKongress #WehrpflichtNeinDanke #VerweigernIstMut #Friedensarbeit #ZwangIstKeineLösung #Zivilcourage #StopptMilitarisierung #FriedenStattPflicht

Informationen zum Programm gibt es hier. Die Teilnahme am Kongress sowie die Verpflegung dabei sind kostenlos, um eine Unterbringung müssen sich Teilnehmende aber bitte selber kümmern – hier gibt es ein paar Empfehlungen. Zur besseren Planbarkeit bitten wir um Anmeldung. Und wer bei der Bewerbung des Kongresses mithelfen will, findet dazu hier einige Materialien.

30 April, 2025

Gemeinsam aktiv zum 15. Mai #ObjectWarCampaign

Am 15.05. ist Tag der Kriegsdienstverweigerung. Auch dieses Jahr streiten wir für die Rechte von Kriegsdienstverweiger*innen. Hier findet ihr die Aktionen und Veranstaltungen dazu. Unten seht ihr die Beilage zum Freitag von der Object War Campaign. Ihr Könnt Sie nicht gut lesen? Sorry, hier die PDF .

11 April, 2025

Der ‚neue Wehrdienst‘ kommt

Deutschland soll kriegstüchtig werden und sich gegen mögliche Angriffe wappnen. Allerdings fehlt der Bundeswehr dafür das Personal, denn sie schrumpft weiter und überaltert. Zudem entzieht die steigende Zahl der Kriegsdienstverweigerer unter den Soldat:innen und Reservist:innen der Bundeswehr weiter Personal.

Die neue Bundesregierung will darauf reagieren und mit dem neuen Wehrdienst Personal rekrutieren. Im Koalitionsvertrag ist der neue Dienst sehr vage formuliert. Es wird einen Wehrdienst geben, der auf Freiwilligkeit basiert und sich am schwedischen Wehrdienstmodell orientiert. In diesem Jahr sollen die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung geschaffen werden. Aussagen über konkrete Planungen zur Heranziehung bzw. zeitliche Abläufe gibt es nicht. Eine Wehrpflicht ist erst einmal nicht vorgesehen.

Zu erwarten ist, dass 18-jährige Männer mittels Fragebogen erfasst und befragt werden, ob sie auf freiwilliger Basis Wehrdienst leisten wollen. Das ist jedoch nur der erste Schritt, denn weitere sollen in den nächsten Jahren folgen.

Die Bundeswehrverwaltung ist auf der Suche nach den aktuellen Adressen vieler ehemaliger Wehrpflichtiger. Bei insgesamt 900.000 Reservisten sollen über die Einwohnermeldeämter die Adressen ermittelt werden. Je nach Verfügbarkeit sollen die Reservisten dann zu Wehrübungen herangezogen werden. Dabei gilt jung vor alt.

Die Position der DFG-VK ist klar. Wir sind gegen jede Art von Zwangsdienst, wozu auch die Erfassung der Männer ab 18 Jahren gehört. Eine wie immer ausgestaltete Wehrpflicht lehnen wir ebenso ab, wie ein Gesellschafts- oder Pflichtjahr für Männer und Frauen, das durch das Grundgesetz Artikel 12, Absatz 2, verboten ist.

Die gegenwärtig geführte Diskussion dient einzig und allein der Militarisierung der Gesellschaft, um diese auf einen möglichen Krieg (gegen Russland) einzustimmen. Das kann nie der richtige Weg sein und so werden wir gegen diese Kriegsvorbereitungen aktiv werden und zur Kriegsdienstverweigerung auffordern.

18 März, 2025

Undifferenziert und Waffen glorifizierend – Unsere Stellungnahme zur Sendung „zur Sache Baden-Württemberg“

Stellungnahme der DFG-VK Baden-Württemberg zur SWR-Sendung „Zur Sache Baden-Württemberg“ vom vergangenen Donnerstag, den 13.03.2025: „Waffen schmieden für den Frieden“

Mit Befremden haben wir die Darstellung in der Sendung „Zur Sache BW“ zur Kenntnis genommen. Besonders irritiert uns die Glorifizierung von Waffen im Kontext der Friedensbildung. Die Suggestion, dass Frieden durch die Herstellung oder den Einsatz von Waffen erreicht werden könne, widerspricht grundlegend unseren Überzeugungen als pazifistische Organisation.

Auch wir wurden im Vorfeld der Sendung angefragt, ob wir Kontakt zu einem Reservisten vermitteln könnten, der den Dienst verweigert hat. Dies lehnten wir ab – und die Ausstrahlung der Sendung hat unsere Entscheidung bestätigt. Bereits in der Vergangenheit mussten wir erleben, wie Menschen, die aus Gewissensgründen den Kriegs-/Reservistendienst verweigern, durch mediale Berichterstattung an den Pranger gestellt oder einseitig dargestellt wurden, was negative Folgen für das Alltagsleben nach sich zog. Dazu gehören unter anderem berufliche Nachteile, soziale Ausgrenzung oder psychische Belastungen durch öffentliche Stigmatisierung.

Aus diesem Grund können wir niemandem, der sich mit der Absicht zur Verweigerung an uns wendet, guten Gewissens empfehlen, an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sie oder er das nicht ausdrücklich wünscht. In Zeiten einer völlig panischen und überstürzten Militarisierung ist es umso wichtiger, dass die Rechte von Kriegsdienstverweigerern gewahrt bleiben und sie nicht durch öffentliche Bloßstellung abgeschreckt oder unter Druck gesetzt werden.

Die Berichterstattung in der Sendung „Zur Sache BW“ empfinden wir als einseitig und wenig differenziert. Die wachsende Zahl von Menschen, die sich mit der Bitte um Beratung bei uns melden, zeigt jedoch, dass das Thema immer dringlicher wird. Beinahe täglich erreichen uns in Baden-Württemberg Anfragen von Reservistinnen und Reservisten, die sich aus Überzeugung gegen eine weitere Teilnahme am Militärdienst entscheiden möchten.

Wir fordern eine ausgewogenere Berichterstattung, die auch die Perspektiven von Kriegsdienstverweigerern ernst nimmt und ihren Schutz gewährleistet, anstatt sie öffentlich zu exponieren. Gerne können Sie auch unsere Expert*innen zu Wort kommen lassen, die anonymisiert über die Erfahrungen und Beweggründe von Verweigerern berichten können.

Frieden lässt sich nicht durch Waffen schaffen – für uns bleibt gewaltfreie Konfliktlösung der einzige gangbare Weg.

DFG-VK Baden-Württemberg

13 März, 2025

Bundesgerichtshof greift Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung an

eine Analyse von Connection e.V. vom 12.03.2025:

Die Entscheidung liegt nun schon einige Wochen zurück. Am 16. Januar 2025 fasste der Bundesgerichtshof (BGH) auf Antrag des Oberlandesgerichtes (OLG) Dresden einen Beschluss (Beschluss 4 ARs 11/24) zur Frage ob ein ukrainischer Staatsbürger ausgeliefert werden dürfe, obwohl er erklärt habe, Kriegsdienstverweigerer zu sein und die Ukraine für den Kriegsfall das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ausgesetzt hat. Dem Verweigerer droht in der Ukraine also die Einberufung in den Krieg und bei einer Verweigerung eine jahrelange Haftstrafe.

Die Entscheidung hat es in sich, gerade auch bezüglich der Auslegung des Grundrechtes auf Kriegsdienstverweigerung nach dem Grundgesetz.

Zum aktuellen Fall

Zunächst aber ein Hinweis auf den Fall, zu dem der BGH den Beschluss gefasst hat. Eine Verfassungsbeschwerde wäre in dem Verfahren sinnvoll und notwendig. Der Betroffene hat dem aber bislang nicht zugestimmt.

Noch ein weiterer Hinweis: Die Auslieferung war von der Ukraine wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt beantragt worden, nicht wegen Kriegsdienstverweigerung oder einer anderen Militärstraftat. Damit war überhaupt der Weg für ein Auslieferungsverfahren offen. Bei ausschließlich militärischen Straftaten, so sieht es das Europäische Auslieferungsabkommen in Artikel 4 und das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) in § 7 vor, darf nicht ausgeliefert werden.

Grundsatz der BGH-Entscheidung

Der BGH kommt im Grundsatz des Beschlusses zu der Feststellung, dass auch bei fehlendem Recht auf Kriegsdienstverweigerung in die Ukraine ausgeliefert werden darf, da sich die Ukraine in einem Verteidigungskrieg befinde. Das Recht des Staates, sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg militärisch zu wehren, wird also als höher erachtet, als die Entscheidung eines Individuums, sich dem Kriegsdienst zu verweigern. Diese Feststellung widerspricht einer Entscheidung des BGH von 1977 (BGH, Beschluss vom 24. Mai 1977 – 4 ARs/6/77) und ist allein schon deshalb ein Politikum.

In dem aktuellen Beschluss vom 16. Januar 2025 lautet der Leitsatz: „Verweigert der Verfolgte im Auslieferungsverfahren nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe und ist nicht gewährleistet, dass er nach seiner Auslieferung nicht zum Kriegsdienst im ersuchenden Staat herangezogen wird und im Fall seiner Verweigerung keine Bestrafung zu erwarten hat, begründet dies jedenfalls dann kein Auslieferungshindernis, wenn sein um Auslieferung ersuchendes Heimatland völkerrechtswidrig mit Waffengewalt angegriffen wird und ein Recht zur Kriegsdienstverweigerung deshalb nicht gewährleistet“ (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2025 – 4 ARs 11/24).

Es gibt bereits verschiedene Stellungnahmen zum Beschluss des BGH, die zum Teil sehr ausführlich auf die rechtlichen Hintergründe eingehen. Wir wollen an dieser Stelle die wesentlichsten Punkte benennen, die gegen die Auslegung des BGH sprechen und die politische Bedeutung des Beschlusses bezüglich des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung einschätzen.

Bundesgerichtshof zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung nach dem Grundgesetz

Der BGH geht aber noch über seinen Leitsatz hinaus. Er kommt – ohne dass dies eigentlich Thema des Auslieferungsantrages sein müsste – zu dem Schluss, dass in letzter Konsequenz das Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Kriegsfall keinen Bestand haben könnte. Beim BGH klingt das so: Es „erscheint auch nach deutschem Verfassungsrecht nicht von vornherein undenkbar, dass Wehrpflichtige in außerordentlicher Lage zusätzlichen Einschränkungen unterliegen und in letzter Konsequenz sogar gehindert sein könnten, den Kriegsdienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern.“

Das muss in der Tat als ein Angriff auf das Grundrecht auf das Recht auf Kriegsdienstverweigerung nach Art. 4 Abs. 3 GG gelesen werden. Gerade weil der BGH diese Aussage nicht als Feststellung trifft, sondern sozusagen als mögliche Folgerung darstellt – und das sogar wiederholt –, spiegelt sich hier der Versuch wider, die Allgemeingültigkeit des Grundrechtes in Frage zu stellen. Im Kern geht es darum, ob ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung genau dann gilt, wenn es darauf ankommt: im Krieg. Oder ob, wie der BGH formuliert, das Recht in so einem Fall ausgesetzt oder eingeschränkt werden darf. Hier ist klar zu sagen: Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung ist allgemeingültig!

Prof. Dr. Kathrin Groh ist in einem Beitrag auf verfassungsblog.de ausführlich auf diese Fragestellung eingegangen und kommt zu dem Schluss: „Das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 Abs. 3 GG ist auf den Kriegsfall zugeschnitten. Sein unantastbarer Kernbereich verlangt gerade für den Verteidigungsfall uneingeschränkte Geltung. Der Kernbereich von Art. 4 Abs. 3 GG ist abwägungsfest.“

Zunächst stellt sie fest, dass der Parlamentarische Rat in Abwägung verschiedener Formulierungen sich dann doch dazu entschieden hatte, „jede Gewissensentscheidung als ein Grundrecht anzuerkennen, aus der sich für den einzelnen ein Tötungsverbot im Krieg ergibt, gegen das er nicht ohne ernste Gewissensnot handeln kann.“ Das bedeutet, und hier verweist sie auf das Bundesverfassungsgericht, dass das Recht „im Kriegsfall eben nicht einfach so außer Kraft gesetzt werden darf“.

Sie verweist auch darauf, dass das Bundesverfassungsgericht sich in seiner ersten Entscheidung zum Artikel 4 Abs. 3 GG mit der Frage befasste, ob der Militärdienst verweigert werden könne. Es ging also um die Frage, ob das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung nicht nur bedeutet, sich dem Kriegsdienst im Falle eines Krieges zu verweigern, sondern bereits vorher. Und das hat das Bundesverfassungsgericht klar bejaht, auf dem Grundsatz, dass der Kern des Grundrechts die Kriegsdienstverweigerung im Kriegsfall ist. Höhere Bedeutung habe also das Recht auf Kriegsdienstverweigerung im Krieg, erst daraus folge auch das Recht, den Militärdienst zu verweigern.

Wie aber kommt der BGH nun zu dem Schluss, das sei alles anders. Er verweist dabei insbesondere auf die 1968 erfolgte Ergänzung des Art. 12a GG, der für Notstand oder Kriegsfall weitreichende Möglichkeiten der Dienstverpflichtung vorsieht. Aber der Verweis ist falsch, wie Kathrin Groh darlegt. In Art. 12a Abs. 2, Satz 3 steht es ganz eindeutig: „Das Nähere regelt ein Gesetz, das die Freiheit der Gewissensentscheidung nicht beeinträchtigen darf und auch eine Möglichkeit des Ersatzdienstes vorsehen muß, die in keinem Zusammenhang mit den Verbänden der Streitkräfte und des Bundesgrenzschutzes steht.“ Kurz: Dienstverpflichtungen sind möglich, aber anerkannte Kriegsdienstverweiger*innen können und dürfen nicht zur Bundeswehr einberufen werden.

Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung – Der Fall Ukraine

Der BGH befasste sich auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Der hatte 2011 im Verfahren Bayatyan gegen Armenien festgestellt, dass das Recht auf Kriegsdienstverweigerung als Teil des Artikels 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention zu verstehen ist, der die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit schützt. Diese Norm, so der BGH, bleibe jedoch hinter dem Schutzniveau von Art. 4 Abs. 3 GG zurück. Insbesondere im Notstandsfall, also auch im Kriegsfall, unterliege sie weitergehenden Einschränkungen.

Nun hatte sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Tat bei den bisherigen Entscheidungen in aller Regel auf Fälle beschränkt, die in Friedenszeiten das Recht auf Kriegsdienstverweigerung einforderten. Es gibt also nur wenige Aussagen des EGMR, wie in solchen Fällen zu verfahren ist. Ein Hinweis wird gegeben in den Richtlinien zu Artikel 9 der EMRK, die vom EGMR selbst herausgegeben sind. Dort wird auf das Urteil Mammadov und andere gegen Aserbaidschan verwiesen. Der EGMR kommt zu dem Schluss: „Der bloße Hinweis auf die ‚Notwendigkeit zur Verteidigung der territorialen Integrität des Staates‘ ist für sich genommen kein Grund, das Fehlen eines angemessenen alternativen Dienstes zu rechtfertigen.“ Übertragen auf die Situation in der Ukraine müsste das zumindest heißen, dass die Ukraine schwerwiegende Gründe aufzeigen müsste, um dieses Recht auszusetzen. Welche Gründe tatsächlich schwer genug wiegen, bleibt aufgrund fehlender Rechtsprechung des EGMR offen.

Der BGH greift das auf und stellt mit Verweis auf möglicherweise vorliegende schwerwiegende Gründe fest: „Wird das Leben einer Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht, so kann jeder Vertragsstaat gemäß Art. 15 Abs. 1 EMRK Maßnahmen treffen, die von den in der Konvention vorgesehenen Verpflichtungen abweisen, soweit es die Lage unbedingt erfordert und wenn die Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragspartei stehen.“ Damit begründet der BGH, das auch der Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) im Verteidigungsfall ausgesetzt werden könne. Der BGH unterzieht dies aber keiner Prüfung. Hat denn die Ukraine das Recht des Artikels 9 EMRK wirklich formal korrekt ausgesetzt und dies entsprechend begründet?

Dazu gibt es ein Verfahren. Das sieht vor, dass Vertragsstaaten der EMRK dem Generalsekretär des Europarates mitteilen, welche Artikel der EMRK aufgrund einer Notlage ausgesetzt werden. Dazu gibt es eine Aufstellung der Ukraine vom 4. April 2024 (Note verbale No. 31011/32-119-46585). In der Anlage „Revised Notification about the derogation measures…“ wird erläutert, welche Artikel ausgesetzt sind bzw. welche Veränderungen vorgenommen wurden. Es heißt dort von Seiten der Ukraine: „Die Ausnahmeregelung gemäß den zuvor definierten Artikel 3, 8(3), 9, 13, 20, 22, 24, 26, 27 des (Internationalen) Paktes (über bürgerliche und politische Rechte) und Artikel 4(3), 9, 13, 14, 16 der (Europäischen Menschenrechts-)Konvention wird zurückgenommen.“

Konkret bedeutet das, dass die Ukraine die Einschränkungen des Rechtes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die mit Einführung des Kriegsrechts auferlegt wurden, im April 2024 zurückgezogen hat. Mithin muss die Ukraine auch das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung garantieren. Das Recht ist jedoch seit Kriegsbeginn ausgesetzt. Kriegsdienstverweiger*innen werden strafrechtlich verfolgt und zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Das heißt auch, dass der BGH hier fahrlässig eine wesentliche Information unterschlagen hat. Die Folgerung, dass die Ausnahmeregelung für die Ukraine zutreffe, und daher ein Kriegsdienstverweigerer ausgeliefert werden könne, ist falsch.

Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung – Internationaler Pakt

Der BGH befasst sich auch mit den Folgerungen, die sich aus Artikel 18 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (im Folgenden Internationaler Pakt) ergeben. Er erkennt zwar an, dass der UN-Menschenrechtsausschuss auf Grundlage der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit des Artikel 18 jedermann das Recht gibt, nicht zur Anwendung tödlicher Gewalt gezwungen zu werden. Damit sieht der UN-Menschenrechtsausschuss hier sehr wohl ein allgemeines Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung. Artikel 18 Abs. 1 ist sogar unter den Schutz gestellt, auch in einem Notstandsfall zu gelten. Artikel 4 des Internationalen Paktes stellt das eindeutig fest. Der Artikel 18 darf also im Grundsatz nicht angetastet werden, auch nicht in einem Kriegsfalle.

Dann verweist der BGH allerdings auf Art. 18 Abs. 3 des Internationalen Paktes, wonach „gesetzlich vorgesehene Einschränkungen“ möglich sind, die zum „Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Sittlichkeit oder der Grundrechte und -freiheiten anderer erforderlich sind.“ Damit begründet der BGH, dass diese Einschränkung eben doch möglich sei. Er setzt also allgemeine Einschränkungen dem grundsätzlichen Menschenrecht gegenüber und wertet diese als höherwertig an.

Der UN-Menschenrechtsrat hingegen hat hierzu eine klare Stellungnahme abgegeben, die vom BGH nicht gewürdigt wird. In dem Bericht „Conscientious objection to military service“ vom 23. April 2024 kommt der Rat zu dem Schluss: „Nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte lässt die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit keine Ausnahme zu, im Gegensatz zur Religions- oder Weltanschauungsfreiheit, die den in Artikel 18 (3) vorgesehenen Einschränkungen unterliegen kann. Darüber hinaus schließt Artikel 4 (2) des Paktes eine Abweichung von den in Artikel 18 genannten Rechten aus. Folglich darf das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen als fester Bestandteil des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nicht beeinträchtigt werden, auch nicht in einer Zeit des öffentlichen Notstands, der das Leben der Nation bedroht.“ (Absatz 6)

In den Schlussfolgerungen wird festgestellt: „Staaten sollten das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen in ihren nationalen Rechtssystemen anerkennen. In Übereinstimmung mit dem internationalen Menschenrecht sollte die innerstaatliche Rechtsgrundlage sein:

(a) allgemein und alle Formen von Gedanken, Gewissen und Religion einschließen, die durch internationale Menschenrechtsnormen geschützt sind;

(b) anwendbar auf alle Formen des Militärdienstes, einschließlich des freiwilligen Dienstes und Dienstes in der Reserve, da sich Gedanken, Gewissen und Religion im Laufe der Zeit ändern können;

(c) anwendbar in allen Kontexten, einschließlich Situationen bewaffneter Konflikte und während einer Mobilisierung;

(d) ohne Bedingungen gesetzt durch Ausführungsgesetze;

(e) einklagbar.“

Schlussfolgerungen

Wir müssen also feststellen, dass der BGH auch unter Vorspiegelung falscher Grundlagen einen Beschluss gefasst hat, der das Menschen- und Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung gerade im Kriegsfall in Abrede stellt. Es wird also darauf ankommen, in weiteren Verfahren diese Frage erneut aufzuwerfen und so eine Rücknahme des BGH-Beschlusses zu erreichen.

Das Urteil bedeutet aber noch mehr. Es geht über die rein juristische Auseinandersetzung weit hinaus. Wir kennen dies ja bereits aus der politischen Auseinandersetzung. Der Artikel 4 Absatz 3 GG wurde immer wieder restriktiv ausgelegt und Kriegsdienstverweiger*innen Steine in den Weg gelegt. Nur eine politische Auseinandersetzung konnte hier Verbesserungen erreichen. Angesichts des Krieges in der Ukraine und angesichts der von der Politik geforderten Kriegsertüchtigung steigt nun der BGH mit ein und postuliert das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung als Schönwetter-Recht, das im Kriegsfall nicht mehr gilt. Das ist haarsträubend, in höchstem Maße gefährlich und bedarf dringend einer Korrektur.

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